"In der Not - sind deine Freunde tot..."
Auf Rügen hatte sich meine Situation bis 1970 so zugespitzt, dass ich wegen meiner Äußerung "Die Themen meiner freien Mitarbeit bei der Ostsee-Zeitung sind nicht gerade das, was ich mir unter meiner Fotoarbeit vorstelle" nicht mehr für die Bezirkskommission nominiert wurde. In einem vertraulichen Gespräch mit dem Leiter des Fotoclubs Binz erfuhr ich, dass dies zwar nur für die kommenden 2 Jahre der Fall sein wird (länger könne man nicht auf mich verzichten), aber es müsse ein Exempel statuiert werden, weil ich die Arbeit bei der "Sozialistischen Presse" nicht entsprechend würdige und meine Themen in der Fotografie den "wirklichen sozialistischen Alltag" ausklammern.
Agitation und sozialistische Propaganda trommelten fast täglich auf mich ein, und mein Weg als Akt- & Landschafts-fotograf wurde immer steiniger.

In dieser Zeit lief mein Antrag auf Mitgliedschaft im Verband Deutscher Journalisten, weil meine beiden Themen auf Dauer das Leben nicht finanzierten. Jede Art von staatlichen Aufträgen wurde an linientreue Fotografen vergeben. Um der Ostsee-Zeitung nicht nochmals den Vorwand zu liefern, sie nicht genug zu würdigen, bat ich die Lokalredaktion der OZ um ihre Bürgschaft - und das - obwohl von den renommiertesten Journalisten und Redaktionen wie DAS MAGAZIN, Neues Leben und Fotokinoverlag Leipzig erstklassige Bürgschaften vorlagen!

Die Reaktion kam prompt! Der Leiter der Abt. Bild der Bezirksredaktion Rostock setzte die Lokalredakteure Rügens derart unter Druck, "...ob sie nicht wüssten, wem sie da ihre Bürgschaft geben oder ob sie ihre eigene Karriere opfern wollten...?". Beide Kollegen "fielen um" und nahmen ihre Bürgschaft zurück. Die Folgen waren fatal! Jeder normal denkende Mensch konnte sich ausrechnen, welch ein "Verstoß" vorliegen muss, wenn man seine Bürgschaft widerruft...
Der ältere der beiden Kollegen rief mich an und sagte: "Es tut mir leid, Kollege Ender, aber ich hatte nicht den Arsch in der Hose, um diesem Druck standzuhalten! Verzeihen Sie mir bitte!" Der andere Kollege schweigt bis heute - und der Leiter der Bildstelle, der diesen Druck ausübte, ist noch lange nach der Wende im Verlagshaus der OZ tätig gewesen (
inzwischen verstorben).
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