1971 besuchten mich ein Major und ein Oberstleutnant vom Ministerium für Nationale Verteidigung, um Aktaufnahmen anzukaufen. Man wollte damit einen Bildband gestalten, der bei Manövern der Bruderarmeen als Freundschaftsgeschenk überreicht werden sollte. Beim Abschied sagten beide: "Wenn Sie mal Probleme haben, bei denen wir helfen können, wenden Sie sich an uns!"
Das Problem kam prompt - in Form einer Vorladung der Kommission für Ordnung und Sicherheit in Binz.
Ich betrat den Raum, in dem zwei NVA-Offiziere und drei Zivilisten hinter einem Tisch saßen. Auf dem Tisch lag DAS MAGAZIN Juli-Heft '71, in dem auf einer Doppelseite drei Farbakte von mir publiziert waren."Kennen Sie das?!" fragte ein Offizier...
Ich bejahte, und daraufhin sagte er scharf: "Dann wissen sie auch, warum sie hier sind!" Ich verneinte. "Sie stehen unter dem Verdacht der Spionage! Sie haben sich nicht gescheut, auf dem NVA-Gelände ein Militärobjekt zu fotografieren und das dann noch in einem MAGAZIN zu publizieren, das im In- und Ausland gelesen wird!" Und damit zeigte er auf die 4 x 30 (!) mm große Ruine, die als letztes Gebäude vom Koloß von Prora gelten könnte. (Man hatte versucht, sie zu sprengen - vergebens). Ich antwortete, dass ich diese Anschuldigung als schlechten Witz ansehe, und er rief lautstark: "Das Witze machen wird Ihnen noch vergehen!!!"
Ich versuchte es anders und fragte:
Verkleinerte Kopie eines über 40 Jahre alten Magazins.
"Wissen Sie überhaupt, wie ein solches Magazin entsteht?!?...da sitzen Redakteure und hochkarätige Presseleute unter dem Vorsitz von Hilde Eisler* an einem Tisch und wägen genauestens ab, was veröffentlicht werden kann und darf - und dann segnet der Ministerrat das ab! - Und Sie spielen sich hier als oberster Gesetzeshüter auf!" Mir wurde die Sache zu dumm, und ich sagte beim Umdrehen in die Runde: "Sie hören von ganz anderen Leuten zu diesem Thema!" und knallte die Tür zu. Im Knall hörte ich seine Stimme: "Das wird Ihnen noch leid tun, - Sie hören noch von uns!!!"
Ich hörte nichts wieder, aber dieses Gremium um so mehr. Ich rief zu Hause sofort o. a. Major an und erzählte von diesem "Spionagefall." "Sind die da oben denn total verrückt geworden..., haben die nichts Besseres zu tun?!?"... schrie der Major fast ins Telefon und sagte dann beschwichtigend: "Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Ender, wir sind in 14 Tagen oben zur Inspektion, und da werde ich diesen Herren schon was erzählen..."

* Hilde Eisler war die Gattin von Hans Eisler, der u. a. die Nationalhymne der DDR komponiert hat.