Als DDR-Bürger glaubte ich, dass Botschaften sowie deren Mitarbeiter und Korrespondenz völkerrechtliche Immunität besitzen, ähnlich ihrer Autos, die das Zeichen CD tragen.
Seit Einsichtnahme meiner Stasi-Akten weiß ich es besser. Jeder Brief der österreichischen Botschaft an mich war geöffnet und kopiert worden! Dadurch kannte die Stasi jederzeit den "Stand der Dinge" und war nicht auf Befragungen angewiesen.
Da sie sogar vor mir in Besitz der Botschaftskorrespondenz gelangte, hatte sie Zeit, Gegenmaßnahmen einzuleiten, ohne dass ich es ahnte.

Auch jeder Liebesbrief, den ich seit 1981 an meine heutige Frau schrieb, kann als Kopie nochmals gelesen werden, jeder Brief an oder von meinem Vater (aus Österreich) liegt kopiert vor. Mein Tun und Handeln war für die Stasi ein offenes Buch.
Der Gipfel an Menschenverachtung wird ersichtlich, als nach dem Freitod meiner Mutter - und mein daraus resultierender schlechter psychischer Zustand - empfohlen wurde, mich (bei Konsultation eines Arztes) an einen Psychologen zu "empfehlen", der unter dem Decknamen "Ernst" alles "herausfinden sollte, was mich psychisch belastete". Man hoffte sozusagen, dass ich meine Intimsphäre auf der "Couch" total entblättern würde, um dann gezielt Maßnahmen für eine "richtige Behandlung" einleiten zu können.